46325 Borken
Vaterfigur in Borkens europäischer Städtefamilie
Von Peter Berger
BORKEN. Seit Jahrzehnten setzt sich Siegbert Hohaus für die europäische Städtefreundschaft ein. Nach Whitstable, Borkens britischer Städteschwester, organisierte Hohaus unzählige Fahrten – wovon Schulklassen, Vereine, Nachbarn gleichermaßen profitierten. Für sein Engagement, auch im kirchlichen Bereich, wurde der 73-jährige Borkener am Dienstagabend mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
„Verständnis füreinander braucht Begegnung“ – auf dieses Motto stieß Hohaus erstmals bei einem internationalen Jugendcamp des Christlichen Friedensdienstes, das ihn 1965 als 17-Jährigen in das südfranzösische Département Var führte. Als Bauhelfer in halbverfallenen Dörfern willkommen zu sein, zugleich Ferien und Gemeinschaft genießen und neue Freunde finden – das war ganz nach seinem Geschmack. Von Ressentiments gegenüber ihm als jungem Deutschen keine Spur. Damals kam bei Hohaus ein Gedanke auf, der ihn seitdem nicht mehr loslassen sollte: „Wer sich erstmal kennt, der bekriegt sich nicht mehr“, sagt der Borkener.
„Verständnis für einander braucht Begegnung.“
Siegbert Hohaus nennt seine Leitlinie.
Sein Elternhaus hat ihn selbstverständlich ebenfalls geprägt. Seine Mutter, eine gebürtige Estin, und sein Vater – gebürtig aus dem Rheinland, als Unteroffizier vor Stalingrad – lernten sich im Lazarett in Posen kennen, wo sie als Krankenschwester tätig war. Im Januar 1945 kam das erste Kind zur Welt – seinen älteren Bruder lernte Hohaus nie kennen. Das Baby starb drei nach der Geburt an Erfrierungen. Nie wieder Krieg – das sog Siegbert Hohaus gleichsam mit der Muttermilch auf.
1971 – inzwischen Lehramtsanwärter in Coesfeld – startete er mit dem dort neugegründeten Städtepartnerschaftsverein erneut nach Frankreich. „Das war ein zweiter Schubs für mich“, sagt Hohaus. In Borken, wo er 1972 seine erste Stelle an der Remigius-Hauptschule bekam, fühlte er sich mehr denn je der europäischen Freundschaft verpflichtet. Bei der Partnerschaft zu Whitstable und dem dänischen Albertslund, die 1987 besiegelt wurde, zählte er zu den Männern der ersten Stunde. Als Lehrer (neben Englisch auch Mathe, Musik und Religion) mit einem Faible fürs Vereinigte Königreich oblag es Hohaus über Jahrzehnte (bis zu seiner Pensionierung 2011), den Schüleraustausch zu organisieren und die Jugendlichen mit britischer Lebensart vertraut zu machen. Hohaus kann von sich behaupten, dass er die quirlige Hafenstadt in der Grafschaft Kent beinahe so gut kennt wie Borken. „Meine Frau und ich haben in Whitstable viele Freunde gefunden“, sagt der Borkener und zählt die vielen Namen der dortigen Twinning Association auf.
Auch die besten Freunde haben Belastungs- und Bewährungsproben zu bestehen. Stichwort: Brexit. Von pro-europäisch bis zur Wahrung britischer Belange erlebt Hohaus bei seinen Gesprächspartnern ein differenziertes Stimmungsbild. Und seit anderthalb Jahren lastet zudem noch die Corona-Pandemie auf der Städtepartnerschaft. Er hoffe inständig, dass bald auch wieder Gruppen einander besuchen können. Hohaus, der den Borkener Partnerschaftsverein von 2003 bis 2015 zunächst als zweiter, dann als erster Vorsitzender geprägt hat, ist zuversichtlich, dass die in nunmehr 35 Jahren gewachsene Freundschaft zu Borkens Städteschwestern erhalten bleibt. Ein gutes Symbol sei für ihn das Bild, auf dem sich zwei Baumkronen anlächeln, während sich die Wurzeln die Hände schütteln. „Entfernung spielt keine Rolle, sofern die Wurzeln der Freundschaft stark genug sind“, steht darunter.
Neben seinem Einsatz in Borkens Städtefamilie war Hohaus auch in der kirchlichen Jugendarbeit aktiv. Jahrelang leitete er das Amelandlager, der Jugendchor und anschließend der „Emmaus-Chor“ gehen auf seine Initiative zurück. Hohaus weiß: Verständnis und Versöhnung lassen sich mit Musik spielend zum Ausdruck bringen.
Quelle: Borkener Zeitung vom 25. August 2021
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